Reinhard Mey hat mal wieder was Neues am Start, aber keine Sorge, er öffnet nicht irgendwelche mysteriösen Archive, als wären es geheime Schätze in Fort Knox. Stattdessen hat er in alten Kisten gekramt, auf der Suche nach den Alf-Kassetten seiner inzwischen erwachsenen Kids. Die hat er nicht gefunden, aber dafür zwei alte MCs (ja, die guten alten Musikkassetten) mit der Aufschrift „Aschaffenburg“. Überraschung! Da hielt er plötzlich den längst verloren geglaubten Mitschnitt seiner Tournee von 1992 in den Händen – und das auch noch in top Qualität.
Bis jetzt gibt's schon 20 Live-Alben von Reinhard Mey, davon zwei aus Frankreich. Seit 1994 wurde wirklich jede Tour von ihm aufgezeichnet, und für viele Fans sind diese Live-Mitschnitte sogar noch wichtiger als die Studio-Alben. Mey live bedeutet nämlich auch immer Mey solo. Die großen Arrangements, die es im Studio gibt, lässt er bei den Konzerten weg. Er steht da ganz alleine auf der Bühne, nur er und seine Gitarre. Keine Extras, keine Spielereien – einfach pure Musik.
Dass gerade die Lieder von „Alles geht!“, einem Album, das auch für den kreativen Mey besonders abwechslungsreich und zeitlos schön ist, nicht in einer Live-Version existierten, war echt schade. Die Hoffnung darauf war eigentlich schon längst abgeschrieben. Doch jetzt, 32 Jahre später, kann man Songs wie „Das Etikett“, damals im witzigen Hip-Hop-Stil als Single, oder das wundervolle „Ich liebe das Ende der Saison“ endlich auch live hören – in der Version, in der er sie damals gespielt hat, nur mit akustischer Gitarre.
Naja, okay, ganz „endlich“ ist es nicht für die Glücklichen, die damals bei einem der 60 Konzerte dabei waren. Aber für alle anderen, die diese Songs nochmal so erleben wollen, ist das echt eine coole Sache. Es ist, als ob man in der Zeit zurückreisen und dabei sein könnte – ohne die Zeitmaschine. Mey zeigt wieder mal, dass seine Musik nichts an Frische verloren hat und immer noch berührt, auch nach all den Jahren.